The case of Wiener Landesregierung the pitfalls of reckless driving on the winding roads of nationality

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Lorin-Johannes Wagner

Abstract

Die Staatsangehörigkeit ist für Staaten nicht nur generell ein äußerst sensibles Thema, in der Union ist sie zugleich auch der Ausgangspunkt für die Unionsbürgerschaft. Auf der Grundlage dieser Verknüpfung von Staatsangehörigkeit und Unionsbürgerschaft hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine umfassende Verpflichtung der Mitgliedstaaten angenommen, auch in Staatsangehörigkeitsfragen das Unionsrecht zu beachten. Das Urteil in der Rechtssache Wiener Landesregierung ist in diesem Zusammenhang nicht nur die jüngste Entscheidung dieser Rechtsprechungslinie, sondern auch der erste Fall, in dem der Gerichtshof klargestellt hat, dass sich die Verpflichtung zur Einhaltung des Unionsrechts auch auf das Verfahren zur Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt. Das Urteil unterstreicht damit die ständig wachsende Bedeutung des Unionsrechts in einem Bereich, der auch im Unionsrecht noch immer vielfach der souveränen Verfügungsgewalt (domaine réservé) der Staaten zugerechnet wird. Die vorliegende Analyse des Urteils liefert dabei in diesem Sinne aber nicht nur Erkenntnisse über die Reichweite der Verpflichtungen aus dem Unionsrecht, sondern macht auch deutlich, dass das Unionsrecht insgesamt an einem auf einem genuine link aufbauenden Verständnis der Staatsangehörigkeit als völkerrechtlich bedeutsamer Status anknüpft. Trotz des in der Praxis durchaus schwierigen Prozesses die unionsrechtlichen Verpflichtungen in die bestehenden nationalen Staatsangehörigkeitsregime einzuflechten – wie auch und gerade am Beispiel Österreichs sichtbar wird – stärkt das Unionsrecht damit insgesamt, das in der Staatsangehörigkeit angelegte Recht Rechte zu haben. Im Rahmen der Analyse des Urteils wird schließlich aber auch die Frage aufgeworfen, ob sich das bisher als unumstößlich Diktum geltende aus dem Urteil Micheletti, das die Mitgliedstaaten Staatsangehörigkeitsentscheidungen eines anderen Mitgliedstaates nicht in Frage stellen dürfen, in dieser unumstößlichen Form tatsächlich noch aufrechterhalten lässt.


 

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Rubrik
Entscheidungsbesprechungen